25. September 2016

Schein-Selbstständig?

Zum Schein Selbstständig?

Umqualifizierung eines Werkvertrages durch die GKK

Es geht um das Thema Schein-Selbstständigkeit. Und als "Teilweise" - Betroffener weis ich wovon ich rede.
Ich war noch in den ersten 5 Jahren meiner Selbstständigkeit als sich herausstellte das die Aufträge nicht so nach der Reihe reinflattern, wie man sich das vorgestellt hatte. Erst dachte ich daran einen Teilzeit-Job zu suchen, doch dann erzählte mir ein Bekannter von einem selbstständigen Job mit "fixer" Beauftragung.

Ich stellte mich vor und am nächsten Tag war ich im Helpdesk bei einer Großen IT Firma, auf Werksvertrags- Basis.
Nun, das Helpdesk-Tätigkeit kein eigentliches Werk ist und der Vertragstyp völlig falsch gewählt war, sei ersteinmal dahingestellt. Die Bezahlung war mies - richtig mies, aber besser als gar kein Einkommen.
Wir reden hier von ca. €15,- pro Stunde.

Ich konnte meine Dienst recht gut planen und arbeitete mal 20, mal 40 Stunden, je nachdem wie die Auftragslage in meinem eigenen Unternehmen war.

Mir war klar, das ich selbstständig war und das ich die Überweisung auf meinem Konto noch mit dem Finanzamt und der SVA teilen musste, manchen meiner meist sehr Jungen Kollegen war das nicht so ganz klar. Sie hatten mit dieser Tätigkeit überhaupt erst einen Gewerbeschein gelöst.

Und dann gab es da irgendwann einmal einen Vorfall - Gerüchte um eine Steuerprüfung des Drittunternehmens, von dem wir unser Geld überwiesen bekamen. Angeblich hat irgendjemand dem Finanzamt erzählt das er dachte er sei Angestellt und hat sein "Gehalt" ausgegeben,...


So bin ich das erste mal mit dem Thema in Berührung gekommen und habe begonnen zu recherchieren. Unter den Umständen unter denen wir Arbeiteten (fast) - müsste uns das Unternehmen eigentlich anstellen.
Wir hatten eingeteilte Früh und Spät Dienste, wir hatten unseren Arbeitsplatz mit PC und Firmenhandy. Alles wie ein normaler Mitarbeiter, außer ein paar Kleinigkeiten: kein Urlaubs und Weihnachtsgeld, kein bezahlter Krankenstand, kein Urlaub, keine Stützung des Mittagessens, Einladung zu Firmenveranstaltungen und Weihnachtsfeier, usw.

Ich habe das Unternehmen kurz danach verlassen und kann nicht sagen wie die Geschichte ausging, aber ich weis das es diese "internen" Selbstständigen in dieser Firma nicht mehr gibt.


Das "Problem"


die Gebietskrankenkassen (zB. WGKK) können im Falle einer Prüfung des Unternehmens (Bei einer Betriebsprüfung prüfen Finanz und Krankenkasse gemeinsam), ohne Verfahren, ohne Möglichkeit der Intervention durch zB. die SVA den selbstständigen Dienstnehmer bis zu 5 Jahre rückwirkend in einen angestellten Dienstnehmer umwandeln. Also die Art der Anstellung "umqualifizieren".

Der Dienstgeber bekommt eine Nachforderung über die fälligen Sozialversicherungsbeiträge, und zwar nicht nach dem berechnet was er dem Dienstnehmer bezahlt hat, sondern nachdem was der Dienstnehmer hätte verdienen müssen. Inklusive Sonderzahlungen wie Urlaub, Weihnachtsgeld, Feiertage, etc. Dazu kommt eine Strafe in Form von Beitragszuschlägen.

Der Dienstnehmer kann nun seine Ansprüche 5 Jahre rückwirkend einklagen, und steht vor dem "Problem" das er jahrelang SVA und Finanzamt Geld bezahlt hat, und dies nun regeln muss.

Bei einer möglichen Nachforderung der Lohnsteuer wendet sich das Finanzamt an den Arbeitgeber, der wiederum anteilig seine Ansprüche beim Arbeitnehmer einfordern kann. Zu einer Nachforderung von Einkommensteuer beim Arbeitnehmer kommt es nicht.

Die SVA und die GKK machen sich das ebenfalls untereinander aus und fordern beim Arbeitgeber die Abgaben nach.

Wenn der Arbeitnehmer als selbstständiger Umsatzsteuer verrechnet hat, müssen die Jahresabschlüsse / EST & UST Meldungen der letzten Jahre berichtigt werden. Ich kann hierfür auf jeden Fall einen Steuerberater empfehlen.

Selbstständig ist der neue Angestellte dann trotzdem noch. Die Selbstständigkeit muss selbst aktiv beendet werden.


Grundsätzlich ist der Kampf gegen Scheinselbstständigkeit eine gute Sache, doch leider trifft es manchmal auch die falschen. Es hilft auch nichts das sich beide Parteien über das selbstständige Vertragsverhältnis einig sind. Es geht um die Art der Zusammenarbeit.

September 2016 - die "Schein"-Lösung?


im September traf sich die Regierung in Alpbach zum plaudern. Überraschenderweise kame man nach diesem Wochenende im Grünen mit einer Lösung für genau dieses Problem der unbegründeten Umqualifizierung an die Öffentlichkeit.

Ein Fragebogen soll es richten. Bei der Anmeldung bei der SVA soll man einen Fragebogen ausfüllen wie die selbstständige Tätigkeit aussehen wird. Von einer unselbstständigen Tätigkeit geht man aus wenn der Arbeitgeber Arbeitszeit oder Arbeitsort vorgibt, Weisungen erteilt, Betriebsmittel bereitstellt, verlangt das man Urlaub und Krankheit meldet,etc.

Und letzte Woche hört man in den Medien von der Umqualifizierung von 25% Partnern einer GmbH.
http://derstandard.at/2000044093892/Unternehmer-sollen-nach-20-Jahren-zu-Dienstnehmern-erklaerte-werden
Also so einfach ist das ganze dann doch nicht.

Scheinselbstständigkeit 

Das Thema Scheinselbstständigkeit gibt es - und es ist ein Problem, für die aus meinem Beispiel.
Denn da waren natürlich auch einige dabei denen vor allem die Jungunternehmerföderung der SVA nach dem Dritten Jahr schuld an massiver Verschuldung war. Die Burschen verstanden nicht das sie dann alles nachzahlen müssen - manche von Ihnen waren dann noch ein paar Jahre dort um die Schulden bei der SVA abzubezahlen.

In der IT, in der Pflege, Botendieste, usw. in vielen Branchen gib es Arbeitnehmer die dazu genötigt werden einen Gewerbeschein zu lösen - für eine Tätigkeit die eigentlich eine Anstellung wäre. Aber man will die Löhne und Lohnnebenkosten nicht bezahlen. Manche Branchen sagen das sie gar nicht überleben könnten wenn sie nicht so vorgehen würden, oder haben tatsächlich das Konstrukt der Anstellung so um die Auflagen herum gebaut, das sie damit davonkommen. Und die Lobbyisten tun ihr übriges manchen Branchen auch so agieren können.

"Wollen sie für Ihr nächstes Amazon Paket 
4 Euro oder mehr an Liefergebühr bezahlen?"

Ich muss ehrlich sagen, will ich auch nicht - aber im Gegensatz zu jetzt würde ich verstehen das eine Lieferung Geld kostet. Warum ich jetzt im Internet den günstigsten Preis für ein Produkt bekomme und das auch noch kostenlos geliefert wird, verstehe ich nicht genau wie das funktioniert. Ich freie mich darüber - natürlich!

Aber ich weis unter welchen Umständen die Mitarbeiter bei man großen Lieferunternehmen arbeiten "müssen" Müssen deswegen weil der Arbeitsmarkt für junge Schulabbrecher, ungelernte Hilfsarbeiter, Hauptschulabschlusslose Menschen doch sehr überschaubar ist.

Diese Menschen arbeiten oft unwissentlich (na schreibst halt eine Honorarnote)  selbstständig, 10 Stunden und mehr. zum Pauschaltarif, und kommen am ende des Monats gerade mal auf einen Lohn, wo man nicht weis wie man da noch etwas für FA oder SVA zu Seite legen soll.




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