29. November 2012

Angestellt und Selbstständig

Sie sind Angestellt und Selbstständig? oder wissen es nicht genau?


Angestellt und Selbstständig?
Sie sind Angestellter, arbeiten gelegentlich für jemand anderen (Haare schneiden, Dateneingabe, Zettel an Kreuzungen verteilen, etc.).
Sie schreiben Honorarnoten, Rechnungen, egal wie man die Belege nennt, Sie bekommen Geld für diese Arbeit. Dann sind die "auch" selbstständig

1. Muss ich einen Gewerbe anmelden? (einen Gewerbeschein lösen)

Das kommt darauf an ob Sie Ihre Tätigkeit Gewerbsmäßig ausführen, also ob Sie vorhaben Ihre Tätigkeit regelmäßig und mit Gewinnabsicht auszuführen.
Details hier: http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?angid=1&stid=432227&dstid=0

Außerdem gibt es die "neuen Selbstständigen". Ob Sie zu diesem Kreis zählen (wollen) erfahren Sie am besten hier:

https://www.wko.at/Content.Node/Service/Arbeitsrecht-und-Sozialrecht/Sozialversicherung/Sozialversicherung-fuer-selbststaendig-Erwerbstaetige/Neue_Selbstaendige.html

Auch hängt es von der Zuverdienstgrenze ab, diese ist mit bis zu 730 Euro pro Kalenderjahr aber relativ niedrig angesetzt.

Das man ein Gewerbe anmeldet bedeuted zwar das man sich bei Finanzamt und Sozialversicherung melden muss, aber noch nicht das man Steuer oder Versicherungspflichtig ist.

Es bedeuted vorläufig einmal nur das man die WKO Mitgliedschaft für seine Fachgruppe(n) bezahlen muss. Diese kostet zwischen € 50,- und € 150,- pro Jahr Mitgliedsbeitrag pro Fachgruppe. Man kann ein Gewerbe jederzeit "ruhend" melden oder stilllegen. (ruhend kostet den halben WKO Beitrag und man kann es jederzeit unkompliziert reaktivieren. Stilllegen des Gewerbe bedeutet eine Abmeldung bei der SVA (Abrechnung) und Umstellung beim Finanzamt. Das Gewerbe kann nicht einfach wieder reaktiviert werden, man müsste schon eine neue Gewerbeanmeldung durchführen)

Mit einer Gewerbeanmeldung geht einher das Sie sich beim Finanzamt und der SVA anmelden müssen. Hier entsteht aufgrund der Pflichtversicherung aus dem Angestelltenverhältniss eine Doppelversicherung. Das ist aber weiter kein Problem - wie man es auch dreht und wendet - man bezahlt ca 28% seines Einkommens an die Sozialversicherung. Was bereits beim Lohn abgezogen wurde, wird berücksichtigt.

Eine Eintragung ins Firmenbuch ist für Einzelunternehmer nicht vorgeschrieben.
Es hat in der Regel auch nur die Auswirkung das man eine Menge Spam bekommt (per Post)

2. Muss im meinem Arbeitgeber die Selbstständigkeit melden?

Wenn Sie in Ihrem Dienstvertrag eine Klausel haben, das Sie neben Ihrer Anstellung keinen weiteren Tätigkeiten nachgehen - dann müssen Sie Ihren Arbeitgeber über die selbstständige Tätigkeit informieren.
Wird Ihr Arbeitgeber automatisch davon erfahren? (über eine Meldung der Sozialversicherung oder Finanzamt?)
Nein.

3. Bin ich Einkommensteuerpflichtig?

Ja - auf jeden Fall! Die Normale Einkommensteuertabelle gilt auch wenn man angestellt und selbständig ist. Man kann sich aber nicht von seinen Einkünften aus selbstständiger Arbeit gedanklich €11.000,- abziehen, da man diese 11.000 wahrscheinlich mit seinem Angestellten Gehalt schon erreicht hat.

Auf jeden Fall muss man eine Einkommensteuererklärung abgeben, wenn man über € 730,- pro Jahr kommt. Aber auch hier gibt es wieder ein paar Ausnahmen. Informieren Sie sich in diesem besonderen Fall aufgrund der Zuverdienstgrenze Einkommensteuererklärung nötig ist.

Die Berechnung ist für Personen mit Gehaltsbezug und Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit etwas komplizierter als wäre man "nur" selbstständig:


Jahresbruttoeinnahmen nicht selbstständig (Angestellt)
- Abzüglich SV-Beiträge (Arbeitnehmeranteil)
= Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit 


+ Einkünfte aus selbständiger Arbeit (= Bemessungsgrundlage SVA - ca. 28% dieses Betrages sind SVA Gebühren)
= Gesamtbetrag der Einkünfte 


- Abzüglich SVA Beiträge (tatsächlich bezahlt: Vorauszahlungen, Nachzahlungen, Zinsen, etc.)
= Gewinn (= Berechnungsgrundlage Einkommensteuer)


die daraus errechnete Einkommensteuer = Gesamtschuld EST 
- Abzüglich Lohnsteuer (vom Arbeitgeber einbehalten)
= Einkommensteuer die noch zu bezahlen ist



4. Muss ich Sozialversicherung (SVA) bezahlen?

Ist man Kleinunternehmer und bleibt unter einem Umsatz von jährlich € 30.000,-- und einem Gewinn von € 4.515,12 (Stand 2012) kann man sich als Kleinunternehmer von Pensions- und Krankenversicherung mittels Antragsformular befreien lassen. Die Unfallversicherung von € 99,- pro Jahr ist in jedem Fall zu entrichten.

Wenn man denn Kleinunternehmer ist. Haben Sie sich grundsätzlich dagegen entschieden weil sie Umsatzsteuer verrechnen möchten (Regelbesteuerungsantrag beim Finanzamt abgegeben) oder eben die Umsatzgrenzen mehrmals überschritten? (siehe Details zur Kleinunternehmerregelung weiter unten)

Achtung! Wenn Sie schon länger als 24 Monate GSVG Versichert waren (bei der SVA Versichert), gibt es nur einen Weg zurück in die Kleinunternehmerregelung: das Gewerbe stilllegen und 5 Jahre lang kein neues Gewerbe anmelden!


Doppelversicherung
Da Sie Angestellt und Selbstständig sind, bezahlen Sie 2x Unfallversicherung, 2x Krankenversicherung und 2x Pensionsversicherung. Die Pensionsversicherung ist auch einer der wenigen Punkte wo vielleicht irgendwann einmal etwas davon hat. Die Unterschiede bei den Leistungen der Krankenkassen sind meiner Erfahrung nach schwierig herauszufinden. - Bin für jeden Tipp dankbar! Die Ärzte wissen es auch nicht wirklich.

Wenn aber eine ASVG Versicherung vorliegt (Angestelltenverhältnis), also Doppelversicherung vorliegt, kann man sich bei der SVA zumindest von der Mindestbemessungsgrundlage befreien lassen.
Man bezahlt dann "nur" die tatsächlichen ca. 27% von dem was man mit seiner selbstständigen Tätigkeit an Gewinn erzielt. Auch wenn das vielleicht weniger ist als die Beiträge der Mindestbemessungsgrundlage.

Wie immer gibt es auch hier einen kleinen Haken. Nämlich das "Mindesteinkommen" das man als Angestellter verdienen muss um von dieser Regelung profitieren zu können. Eigentlich geht es um die entsprechenden ASVG Beiträge, nicht wirklich um das Einkommen. Dies ist mir aktuell leider nicht bekannt. Bitte bei der SVA erfragen.


SVA Beitragsgrundlage
Einkünfte aus Gewerbebetrieb zwischen €4.515, 12 und  €59.220,- pro Jahr.
Sie müssen für den Gewinn aus selbstständiger Arbeit natürlich SVA Beiträge bezahlen.
In der Berechnung der Beitragsgrundlage darf natürlich nicht berücksichtigt werden was sie der SVA bezahlt haben, denn das haben Sie ja eingenommen (nur das Finanzamt sieht dies als Abzug vom Gewinn)


= Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit 

+ Einkünfte aus selbständiger Arbeit
= Gesamtbetrag der Einkünfte
(= Bemessungsgrundlage SVA ca. 27%)- Abzüglich Sozialversicherungbeiträge (vom Arbeitgeber einbehalten)
- Vorauszahlung für das "abgerechnete" Jahr
= zu leistende SVA Beiträge



- Höchstbemessungsgrundlage (Gesamteinkommen über 4.935,- brutto pro Monat / €59.220,- pro Jahr)
Die Höchstbemessungsgrundlage für alle Sozialversicherungen zusammen (ASVG und GSVG) beträgt monatlich € 4.935,00. (pro Jahr € 59.220,-)  Wenn Ihr brutto Einkommen (selbstständig und unselbstständig zusammengerechnet) diesen Betrag überschreitet sollten Sie eine Differenzvorschreibung beantragen, denn Sie müssen niemals mehr als für maximal diesen Betrag Sozialversicherung bezahlen.

Details zur Differenzvorschreibung:
http://esv-sva.sozvers.at/portal27/portal/svaportal/channel_content/cmsWindow?p_pubid=9139&action=2&p_menuid=7519&p_tabid=4#pd716879

5. Bin ich Umsatzsteuerpflichtig (muss ich Ust auf der Rechnung ausweisen)?

Unterhalb einer Umsatzgrenze (aus selbstständiger Arbeit) von € 30.000,- pro Jahr können sie von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen. Das bedeutet Sie schreiben keine Ust auf Ihre Rechnungen, brauchen somit auch keine ans Finanzamt abführen, dürfen sich aber auch keine Vorsteuer von diversen Rechnungen abziehen.

Über diesem Umsatz oder auf Wunsch können Sie auch Umsatzsteuer verrechnen. Dies nennt sich dann "Regelbesteuerungsantrag" beim Finanzamt.

Wenn Sie Umsatzsteuerpflichtig sind müssen Sie je nach Umsatz monatlich oder quartalsweise eine Umsatzsteuervoranmeldung machen, in der Sie dem Finanzamt mitteilen wieviel Ust Sie verrechnet haben und diese auch gleich überweisen. am Jahresende kann mit der Einkommensteuererklärung eine Ust Berichtigung abgegeben werden falls man Fehler gemacht hat.
Dafür kann man sich auch die Vorsteuer von bezahlten Rechnungen abziehen.

Details zur Kleinunternehmerregelung:
http://reloaded.wko.at/wk/format_detail.wk?AngID=1&StID=452956&DstID=725


6. Kann / muss ich Rechnungen schreiben?

Auf jeden Fall - immer! es kommt nur darauf an wie!
Natürlich immer mit den offiziell gültigen Rechnungsbestandteilen wie
  • Aussteller
  • Empfänger
  • Datum
  • Betrag*
  • fortlaufende eindeutige Rechnungsnummer
* mit oder ohne Ust (wenn ohne Ust muss auf die Kleinunternehmerregelung hingewiesen werden),
Ob sie "Bruttobetrag, Ust, Nettobetrag" oder "Nettobetrag und darin enthaltene Ust" schreiben ist Geschmackssache.
Wichtig ist das Sie Ihre Rechnungen (Einnahmen und Ausgaben) dann gegenrechnen und nach Ablauf des Jahres Ihren Gewinn versteuern bzw. SVA bezahlen. (Buchhaltung)


Man braucht keinen Gewerbeschein um eine Rechnung bzw. Honorarnote zu schreiben. Ob man ein Gewerbe angemeldet haben muss oder nicht entscheidet ob die Tätigkeit und die Häufigkeit der Ausführung der Gewerbsmäßigkeit unterliegt.
Rechnungen die man im laufenden Geschäftsjahr auch vor der Gewerbeanmeldung gestellt oder bezahlt hat, kommen in die Buchhaltung und werden in der Steuererklärung berücksichtigt.


Wo ist der Unterschied zwischen einer Rechnung und einer Honorarnote? - Ist kein Unterschied!

7. Muss ich Buchhaltung machen?

Ja. Eine Grundlegende Einnahmen - Ausgabenrechnung ist Pflicht wenn man Unternehmerisch tätig ist. Dafür bietet sich Excel geradezu an. Es gibt auch Software oder Internet-Services die sich mit dem Thema beschäftigen. Wenn Sie einen Steuerberater haben wird  er Ihnen sagen wie er Ihre Buchhaltung braucht. Grundsätzlich, sollten für alle Einnahmen und Ausgaben Rechnungen vorhanden sein, durchnummeriert - so das man die Richtige Rechnung zu der Buchungszeile in Excel wiederfindet.

8. Brauche ich einen Buchhalter / Steuerberater?

Nein. Man kann das alles selbst erledigen und braucht keine Angst vor Finanzamt oder SVA haben. Es gibt endlos viel Literatur um sich einzulesen, und die freundlichen Mitarbeiter beider Institutionen helfen auch immer gerne und kompetent. Man darf nur keine Fristen verpassen!

Ein Steuerberater ist aber sicher nicht schlecht und bringt auch einige Vorteile und mehr Sicherheit. Ein Sprichwort besagt: "Ein guter Steuerberater kostet dich weniger als er dir bringt." Und in der Regel ist das Erstgespräch auch kostenlos.

9. Darf ich meine Firma nennen wie ich möchte?

Sie können eine Freie Geschäftsbezeichnung wählen. Diese Marke können sie auch beim Patentamt anmelden. Abgesehen davon das Sie keine Markenrechte verletzten dürfen - können sie Ihre Firma nennen wie sie möchten.

Selbst wenn sie keine Registrierte Marke haben, könnten sie in einem Rechtsstreit besser abschneiden wenn man mit dem Namen ein Geschäft betreibt, als jemand der "nur" die Markenrechte, aber kein Business mit dem Namen hat.

Solange Ihr Unternehmen einer natürlichen Person gehört, wird ihre Firma immer so heißen wie diese Person. (Franz Mustermann). Der Inhaber muss auch immer überall aufscheinen (Rechnungen, Impressum, etc.) Es kann aber groß am Rechnungskopf "Friseur Susi" stehen und klein "versteckt" zwischen Rechnungsnummer, Datum und Adresse der Inhaber. Das ist "erlaubt". Und Ämter und Behörden interessiert Ihre Geschäftsbezeichnung auch nicht wirklich.

Wenn Ihr Unternehmen eine juristische Person ist / wird - dann ist das mit dem Namen sogar Verpflichtend. -Wie auch eine Eintragung ins Firmenbuch.


10. Muss ich mich ins Firmenbuch eintragen lassen?

Nein - das ist erst ab einer GmbH oder AG verpflichtend. Ein Einzelunternehmen eine OEG, KG etc. muss das nicht.

6 Kommentare:

  1. Warum muss ich bei der Berechnung der Einkommensteuer 13. und 14. Gehalt abziehen? Die Berechnung erfolgt doch immer inklusive diesen Gehältern ?!?

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    1. Die Sonderzahlungen werden im Einkommensteuerrecht als sonstige Bezüge bezeichnet. Im Grundsatz gilt, dass sonstige Bezüge bis zur Höhe eines Jahressechstels (also in etwa bis zur Höhe von 2 Monatsbezügen) lediglich mit 6% besteuert werden. Die ersten 620,- € der sonstigen Bezüge sind steuerfrei. (In Kurzen Worten: Das ausbezahlte Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind bereits vollständig und richtig versteuert)

      http://www.jusline.at/67_Sonstige_Bez%C3%BCge_EStG.html

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  2. Mir fehlt hierbei der Veranlagungsfreibetrag von 730 Euro pro Jahr!
    Der Gewinn aus einer selbständigen Arbeit neben der unselbstständigen Arbeit unter 730€ im Jahr ist nicht Einkommensteuerpflichtig.

    Dann gibts diese Einschleifregelung aus meinem Gedächtnis heraus:
    Wenn man aus der selbstständigen Arbeit mehr als 730€ Gewinn im Jahr erzielt, diese Summe jedoch 1460€ nicht übersteigt, wird die Differenz von 730€ zum tatsächlichen Gewinn mit 2 multipliziert. Die Summe = Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer.
    Hier noch ein Link dazu, (Pkt. Allgemeines): http://ooe.arbeiterkammer.at/beratung/steuerundeinkommen/zuverdienst/Steuerfreier_Zuverdienst.html

    wichtig sind auch die Einkommensteuergrenzen von 36,5%, 43,2% und 50%. Die Grenze von 36,5 zu 43,2% wird bestimmt für einige ein Thema sein, da man an den 25.000 € Gesamteinkommen pro Jahr ziemlich kratzt.

    Hier gibts noch einen Link für Sirona, die AKNÖ berechnet es genauso.
    http://noe.arbeiterkammer.at/beratung/steuerundeinkommen/dazuverdienen/Steuerberechnung_fuer_Zuverdienst.html

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    1. Danke für den Hinweis! Werde ich bei Gelegenheit mitaufnehmen.

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  3. Hallo,
    wenn ich angestellt bin und nebenbei stélbstständig bin (mit der Selbstständigkeit nur wenig verdiene, also nicht bei sva versichert)
    darf ich dann im mutterschutz weiterhin selbstständig arbeiten?

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  4. Was für eine tolle Seite, vielen Dank für diese Übersicht, war trotz der Komplexität der Thematik für mich sehr klar verständlich. Sie haben mir da gerade sehr geholfen. Lieben Gruß

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